Der Citroen SM der französischen Botschaft
Der schnellste fronangetriebene Diplomat der Welt
 


Insider, dass vor 40 Jahren ein SM im Dienste der französischen Regierung durch Bonn kurvte, doch nur die wenigsten kennen das Auto und seine einzigartigen Umbauten im Detail. Auch Bilder findet man so gut wie keine, weshalb ich mit diesem Artikel die Situation endlich ändern werde. Und das haben wir einem Zufall zu verdanken.



Als ich gestern mal wieder die örtliche Citroen-SM Werkstatt passierte, stand da doch glatt ein schwarzer SM am Straßenrand auf einem Hänger vor dem Gelände. Original schwarze SM sind ohnehin schon selten genug, dass sich ein zweiter Blick lohnen würde, doch von hinten wurde auch schnell klar, dass es kein üblicher SM ist, den Dirk da gerade abgeladen hat.



Der Aufkleber „CD“ für Corps Diplomatique verrät, dass es sich um den wohl prominentesten Serien – SM der Geschichte handelt: Den Diplomaten SM der französischen Botschaft in Bonn.



Im Bild oben sehen wir die beiden Antennenanschlüsse für Fernsehen und Autotelefon, einen auf der Heckklappe, einen auf dem Dach. Die entsprechenden Anbauteile waren für den Transport nicht montiert, sind aber noch vorhanden.



Nach Dirks Informationen ist diese Dreibeinantenne ein absolutes Unikat, das nicht mehr ersetzt werden kann. Mit dem Ding auf dem Dach sieht der SM entsprechend „originell“ aus (s.o.)..



Auf dem Bild oben sehen wir, wie solide die Aufnahme für diese Antenne gemacht ist. Das ist wichtig, denn schließlich muss das Ungetüm ja auch bei Tempo >200km/h noch sicher halten.



Die zweite Antenne für die Heckklappe ist weniger spektakulär, wird aber wohl damals auch ihren Zweck erfüllt haben.



Kenner werden sich freuen, dass die originale Radioantenne ebenfalls noch erhalten ist und von dem flachen Antennenknopf geziert wird. Auch dieser ist mittlerweile ja kaum noch zu bekommen.



Nicht mehr ganz original ist der Außenspiegel, aber das ist ja zum Glück kein Problem, den hat man ja schnell getauscht.



Nun konnte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, an der Stelle des Botschafters Platz zu nehmen. Wie viele von Euch wissen, saß dieser rechts hinten auf der Rückbank, der Beifahrersitz war meist ausgebaut.



Braunes Leder und die verchromten Gurtschnallen erster Generation vorne und hinten, genau wie in meinem eigenen SM. Tja, der Botschafter hatte anscheinend Geschmack



Ein Arbeitstisch ist vorhanden, der zum Ein- und Aussteigen nach unten geklappt werden kann. Bei Bedarf kann auch die gesamte Tischkonstruktion aus dem Wagen herausgenommen werden. Es handelt sich um eine Art Einlage, bei der sogar die Belüftungsschlitze ausgespart sind.



Erleichtert wird der Ein- und Ausstieg auch durch die Haltegriffe am Himmel, sehr elegant in Leder ausgeführt.



Sitzt der Botschafter dann, wird der Tisch nach oben geklappt. Die Mechanik ist wirklich primitiv: Kein elektrischer Antrieb, keine Arretierung.



Und so sieht man nun aus, wenn man wie vor 40 Jahren hinten Platz nimmt und den Tisch aufklappt. Ok, ein schwarzer Anzug wäre passender gewesen, aber ich kam ja auch unvorbereitet zu dieser Ehre


Die Mittelarmlehne, damals und heute


Zur linken hat man eine speziell umgebaute Mittelarmlehne, in der sich das Autotelefon elegant verstauen ließ. Leider ist das Telefon nicht mehr vorhanden, aber da kommt man bestimmt irgendwie dran (hoffentlich).



Wir bleiben beim Luxus: Im Beifahrerfußraum vorne befindet sich ein kleines Podest, das als Halter für den Fernseher diente. Anscheinend wurde der Fernseher durch das elastische (und originale!) Band gehalten. Nicht unbedingt elegant, aber zweckmäßig. Auch der Fernseher ist nicht mehr vorhanden, da heißt es in Zukunft, Ebay zu konsultieren.



Möchte man als Botschafter ungestört sein, oder stört einfach nur der Lichteinfall beim Fernsehen, so kann ein Rollo ausgefahren werden, das auf der Hutablage montiert ist.



Übrigens wird nicht nur an das Wohlbefinden des Botschafters gedacht: Da der eigentliche Aschenbecher umfunktionier war, hat man einen zweiten Aschenbecher vor dem Schalthebel platziert. Damit der Chauffeur auch rauchen konnte.



Und damit der Chauffeur auch kein Feuerzeug braucht, hat man sogar einen Zigarettenanzünder neben den Bedientasten installiert. Das ist Pragmatik!



Auf dem Foto oben sieht man noch einmal den ganzen originalen Aufbau mit Geräten. An der Stelle des Aschenbechers befand sich irgendein Steuerelement (vielleicht die Fernbedienung des TVs?).


Abschließend noch ein paar Worte zur aktuellen Situation des Wagens: Nachdem Dirk Trompeter den Wagen damals von der Botschaft übernommen hat, ging er ein paar Jahre später an einen lokalen SM-Fan aus Bonn. Aus dessen Nachlass wurde er letzte Woche kurzfristig verkauft und landetet so bei dem neuen Bonner SM-Spezialisten Güttes & Jelinski in Remagen bei Bonn. Manche von Euch wissen schon Bescheid, denn dort hat das Hydraulikseminar stattgefunden. Der Geschäftsführer und SM-Sammler Dirk Walter hat dafür gesorgt, dass dieser einzigartige SM hier in Bonn verbleibt und nicht ins Ausland verkauft wird.



SM Fachmann:
Bonner Straße 51 (B9)
53424 Remagen
Tel : 02228 / 1411 & 1479
Fax: 02228 / 910977


Dirk Trompeter wird sich in nicht allzu ferner Zukunft der Instandsetzung dieses Wagens widmen. Es gibt viel zu tun, denn der Wagen hat einen nicht unbeträchtlichen Wartungsstau. Erwartet also nicht, dass er vor dem nächsten Jahr bereits zu repräsentativen Zwecken eingesetzt werden kann. Es war höchste Zeit, dass der Wagen in professionelle Hände gerät und entsprechende Pflege erfährt. Es ist daher ein absoluter Glücksfall, dass sich die beiden SM-Spezialisten „Dirk & Dirk“ der Sache angenommen haben.



Bei dem Perfektionismus dieser beiden bin ich mir sicher, dass der Botschafter SM in ein oder zwei Jahren wieder wie fabrikneu und perfekt bis ins Detail dasteht. Doch vorher ist erst einmal obiger 71er SM mit originalen 60,000km in feuille dorée dran.



Ekkehart Schmitt